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VO ÜS
Nicht von irgendwo
Gemeinwohl

Echte Alternative

Juni 22, 2024
Dr. Maria Hildegard Brem ist Äbtissin des Klosters Mariastern-Gwiggen in Hörbranz. Die promovierte Mathematikerin sprach mit FAIRPLACE über gesellschaftliche Veränderungen und die Sehnsüchte der Menschen.

Mutter Hildegard, sie wurden vor bald zwanzig Jahren – im März 2005 zur Äbtissin gewählt. Sie sind Dozentin für Zisterzienserforschung und Mitglied des Instituts für Spirituelle Theologie und Religionswissenschaft der Hochschule Heiligenkreuz. 2017 wurde sie mit dem Ehrenzeichen des Landes Vorarlberg ausgezeichnet. Ein spannender Werdegang. Was sind die größten gesellschaftlichen Veränderungen, die Sie in den letzten zwei Jahrzehnten wahrgenommen haben?

Ich nehme eine große Verunsicherung war, die sowohl den gegenwärtigen Problemen in der Welt und in unserem Land, als auch dem weitgehenden Zusammenbruch traditioneller Werte entspringt. Viele Menschen wissen einfach nicht mehr, was noch gilt und woran sie sich orientieren sollen. Dazu kommen die wirtschaftlichen Unsicherheiten. Wir im Kloster suchen Antworten aus dem christlichen Glauben heraus und üben sie im täglichen Alltag, in Gebet, Arbeit und im Miteinander in der Gemeinschaft ein.

Wie sehr kann man als Nonne auf die Menschen einwirken und wie gelingt Ihnen das?

Wir bieten im Kloster viele Veranstaltungen an und treffen täglich mit Menschen zusammen, die gern mit uns über ihre Fragen und Probleme sprechen wollen. Da staunen wir, wie viel Vertrauen uns geschenkt wird, obwohl uns viele gar nicht wirklich kennen. Wir nehmen aber die Anliegen der Menschen mit in unser Gebet und sehen einen Teil unserer Berufung darin, die heutige Welt mit ihren Sorgen und Problemen der Führung Gottes anzuvertrauen. Wir vertrauen darauf, dass er das letzte Wort zu sprechen hat und nicht irgendwelche Menschen, so viel Einfluss sie haben mögen.

Ihr Wahlspruch ist „Ausculta – Höre“. Hören die Menschen heute zu wenig (zu)?

Hören im tiefen Sinn des Wortes, heißt, sein Gehör pflegen, nicht nur mit den Ohren, sondern auch mit dem Herzen hören. Das
ist für alle Zeiten eine Herausforderung, aber eine Herausforderung, die sich lohnt. Sie verlangt zuerst, dass man sich und die eigenen Meinungen ein wenig loslässt, aber man wird sehr bereichert. Besonders in einer Gemeinschaft können dann die einzelnen ihre Gaben und verschiedenen Perspektiven einbringen. Auf diese Weise versuchen wir in unserer Gemeinschaft gemeinsame Lösungen für anfallende Probleme zu finden.

Viele sind heute erschöpft, überreizt, gehetzt und ganz weit weg von Spiritualität und Ruhe. Spüren Sie ein verstärktes Bedürfnis der Menschen nach Kontemplation – vlt. sogar im Kloster?

Ja, dieses Bedürfnis spüren wir sehr stark. Wir haben fast ständig Menschen, die bei uns mitleben und auf diese Weise selber in der Spiritualität und im Glauben wachsen wollen. Sie bringen ihre Gaben und Fähigkeiten ein und empfangen neue Anregungen für religiöses Suchen.

Was raten Sie krisengebeutelten, verängstigten Menschen?

Ich würde raten, dem eigenen Leben ein tragfähiges Fundament zu geben. Ich selber könnte gar nicht leben, wenn ich nicht wüsste, wohin ich gelangen will und was meine Kraftquellen im Alltag sind. Da erfahre ich den Glauben als ein ganz großes Geschenk. Leider ist heute vielen Menschen dieser Zugang verschlossen geblieben. Es würde sich aber lohnen, ihn neu zu entdecken!
"„Ich würde raten, dem eigenen Leben ein tragfähiges Fundament zu geben.“"
Dr. Maria Hildegard Brem, Äbtissin

Ihr Konvent zeichnet sich durch eine tiefe Begegnung mit Jesus Christus aus. Daneben ist Ihre Gemeinschaft aber auch sehr innovativ, bietet ein großes spirituelles Angebot für Jung bis Alt, wie Exerzitien, Hildegardfasten oder Kräuterwissen an, genauso wie Schnuppertage. Nach was besteht die größte Nachfrage?

Sehr gut besucht sind bei uns die Hildegardtage, das Hildegardfasten und alle Kräuterveranstaltungen. Auch die Kurse für Gewaltfreie Kommunikation finden stets Teilnehmer. Im spirituellen Bereich haben wir schon seit über 20 Jahren Exerzitien im Alltag und Brunnengespräche als Angebot. Wachsendes Interesse besteht für kontemplatives Gebet und kontemplative Exerzitien.

In Ihrem Online-Shop „Schatztruhe“ oder auf im Klosterladen finden sich tatsächlich wahre Schätze. Wie werden diese Angebote angenommen?

Leider stagniert der Onlineshop, anscheinend ist es zu schwierig zu finden. Darum habe ich mich auch für Fairplace interessiert.

Seit Kurzem gibt es Ihre Schätze auch auf FAIRPLACE. Wie wurden Sie darauf aufmerksam?

Ich habe den Artikel in der Straßenzeitung Marie darüber gelesen und daraufhin Kontakt aufgenommen.

Welche Ziele gibt es als nächstes zu verwirklichen?

Ich würde mich freuen, wenn neue Interessenten durch Fairplace in Kontakt zu unserem Kloster kämen, uns vielleicht besuchen oder Produkte bestellen. Besonders lohnend ist auch ein Besuch in unserem Klosterladen mit seiner wunderschönen Terrasse, wo man Kaffee trinken und den See und die Schweizer Berge bewundern kann…
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