2756556457050821109037674670658903645040292n.jpg
VO ÜS
Nicht von irgendwo
Regional

Digitaler Nomade

Feb. 13, 2024
Mit Stefan Žvokelj sorgt ein Profi für den visuellen Auftritt bei FAIRPLACE. Der Hohenemser ist seit 28 Jahren Grafiker aus Leidenschaft. Im Interview spricht er von seinem spannenden Werdegang und warum er nicht Tischler geworden ist.

Nicht Jedem ist ein bildnerisches Talent in die Wiege gelegt. Du hast offenbar sehr früh gespürt, dass dein beruflicher Weg in diese Richtung zeigt. Inzwischen bist du seit 28 Jahren Grafikdesigner. Wie ist dein Ausbildungsweg verlaufen?

Stefan Žvokelj: Stimmt, mit sieben oder acht habe ich meine ersten Comics gezeichnet, mit zehn habe ich mir eine Schreibmaschine gewünscht und eine Zeitung kreiert. Jedoch in den 1980er Jahren gab es in Vorarlberg keine weiterführende Schule, welche das bildnerische Talent oder die Ambitionen eines Schülers in diese Richtung gefördert hätten. Eine Ausbildung zum technischen Zeichner, Drucker, Textilzeichner oder ähnlichem hatte mich nicht interessiert, von manchem wurde mir auch abgeraten. Ich kann mich noch gut erinnern wie man mir damals als 13-Jähriger bei der Berufsinformation des Arbeitsamtes sagte, Grafiker sei kein Beruf mit Zukunft, aber Maler und Anstreicher werden immer gebraucht – diese Art Berufsberatung hat sich bis heute nicht geändert wie ich mit Bedauern in Bezug auf meinen eigenen Sohn feststellen musste.

Weitergeholfen haben die richtigen Begegnungen zur richtigen Zeit…?

Ja genau. Der Besuch der Handelsschule war wenig motivierend so habe ich aus Mangel wirklicher Alternativen das Tischlerhandwerk erlernt. Das tägliche, intensive Zeichnen hat mich meinen Traum eines gestalterischen oder künstlerischen Berufs aber nicht aufgeben lassen. Wesentlich waren in der Tat „wegweisende“ Menschen, denen ich in dieser Zeit begegnet bin. Sie haben mich unterstützt und gefördert, damit ich mein Ziel nicht aus den Augen verliere.

Sogar die „Toten Hosen“ und ein Baseball-Trainer aus Pennsylvania haben deinen Weg gekreuzt. Nicht ohne Folgen. Warum?

In den 90ern habe ich für Unternehmen allerlei Motive gezeichnet oder Portraits für Privatpersonen. Eigens für Konzerte in der Subkultur T-Shirt-Unikate entworfen und so viele Bekanntschaften geschlossen – unter anderem die der Toten Hosen für die ich ein paar Plakate gemalt habe. In den Jahren zwischen 1992 und 1995 war ich in verschiedensten Jobs tätig u. a. in der Rennski-Abteilung von Kästle, im Forst Waldburg Zeil oder bei Klaus Bösch „Sand Art“ in Lustenau. In dieser Phase begann ich damit mir Grafikschulen und Kunstuniversitäten anzusehen. An „der Angewandten“ in Wien habe ich die Aufnahmeprüfung abgelegt – die Aufnahme, zwar nur knapp, aber dennoch verfehlt. Meinem damaligen Baseball-Trainer, einem Amerikaner, sind meine Ambitionen aufgefallen und zurück in den USA hat er mich 1995 eingeladen, um „Art-Schools“ im Bundesstaat Pennsylvania anzusehen. Im Sommer 1996 bin ich nach York PA gezogen und habe für zwei Jahre an der „Bradley Academy For The Visual Arts“ studiert. Das System war sehr praxisorientiert, ähnlich einer Fachhochschule. Jedoch anstelle der Semester wurde dort in Terms, drei pro Jahr, unterrichtet.

Du hast während deiner Ausbildung Stefan Sagmeister, einen Big Player der Branche, kennengelernt…

Genau. Ich hatte sehr engagierte Lehrer die mit uns Studenten Streifzüge durch die Stadt unternahmen um zu beobachten und zu zeichnen. Wir besuchten Museen in New York, Pittsburgh, Philadelphia und Vorträge der AIGA* in Baltimore u. a. von Paula Sher, David Carson und eben auch Stefan Sagmeister. Ihn habe ich in seinem Atelier in NYC besucht.

*American Institute of Graphic Arts

Irgendwann ging es zurück nach Vorarlberg?

Ja, in Vorarlberg habe ich bei der Werbeagentur Baschnegger Ammann & Partner mit meiner Arbeit als Grafiker begonnen. 13 Jahre, sieben davon als Art Director, in einem sehr vielseitigen Aufgabenbereich. Irgendwann hatte ich genug von der schnelllebigen Werbung. Der Anspruch an gute Gestaltung ging für mein Gefühl mehr und mehr verloren. Zu der Zeit habe ich René Dalpra, einen sehr feinsinnigen Gestalter und hervorragenden Typografen, kennengelernt. 2011 habe ich mich selbstständig gemacht und als freier Partner die Zusammenarbeit mit „Dalpra & Partner“ aufgenommen. So arbeiten wir gemeinsam an großen Projekten, nützen Synergien, haben aber auch die Möglichkeit, jeder für sich, an eigenen Geschichten zu verfolgen. Das Thema „digitale Nomaden“ interessiert mich sehr und liefert Anleihen eines alternativen Lebensstils – es ist ein inspirierender Gedanke seinen Job praktisch von überall aus machen zu können.

Welche Projekte hast du bisher verwirklicht, welche waren besonders spannend und warum?

Abgesehen vom Renommee der Werbeagentur in Dornbirn und den vielen umgesetzten Projekten, sind es meine Arbeiten aus den vergangenen zehn Jahren, die Entwicklungsprozesse zugelassen haben. So das Brand Design für DELL-EX Autospenglerei und den Brand Design-Prozess für iQ solution zusammen mit Markus Hagen. Eine großartige Aufgabe war die Buch-Gestaltung zum 80-jährigen Jubiläum des Unterenehmens Wilhelm+Mayer (DAP)*. Die Begleitung und Positionierung der Marke ASVÖ Vorarlberg (DAP) in Kommunikation und Design war und ist sehr erfreulich, nicht zuletzt aufgrund der hervorragenden Zusammenarbeit mit dem Kunden. Musik bedeutet mir sehr viel, deshalb liegt mir die Arbeit für das Jazzorchesters Vorarlberg sehr am Herzen. Das Kommunikationskonzept für das Rathaus Quartier in Hohenems (DAP). Und „last but not least“ die außerordentliche Zusammenarbeit mit dem Martinshof im Sinn von Package Design und Kommunikation, welche nun bereits seit mehr als 20 Jahren andauert!

*(DAP) in Zusammenarbeit mit Dalpra & Parnter

An welche erinnerst du dich besonders?

Ganz klar an die Gestaltung der Ausstellung zum 100-jährigen Jubiläum des Unternehmens Rauch Fruchtsaft (DAP). Bis dato meine größte Herausforderung, aufgrund des Umfangs, der Größendimension und der zeitlichen Taktung welche das Konzept vorgegeben hatte.

Was sind deine besonderen Stärken?

Ich habe ein sehr starkes visuelles Verständnis und kann meine Vorstellungen recht zielgerichtet und genau umsetzen.

Welche Eigenschaften helfen dir bei der Arbeit?

Meine Neugierde, die Freude am Gestalten, das Interesse an der bildenden Kunst, an Design und die offenen Augen mit denen ich durchs Leben gehe – sei es in einer Großstadt, in den Bergen oder abseits auf einer abgelegen griechischen Insel.

Was gefällt dir am besten an deiner Arbeit für FAIRPLACE?

Sehr schön ist es, wenn Arbeiten Bestand haben, wie beispielsweise das Brand Design von DELL-EX. Das Großartige bei FAIRPLACE ist jedoch die Herausforderung den Anspruch an Design und Kommunikation zu halten, denn ein Online-Marktplatz ist ständig in Bewegung und passt sich der technischen als auch der gesellschaftlichen Entwicklung an. Es erfordert ein interdisziplinäres Arbeiten, sprich digital und print, ein sehr spannender und befruchtender Effekt. Zu sehen wo FAIRPLACE heute steht macht echt Freude!
"Das Großartige bei FAIRPLACE ist die Herausforderung den Anspruch an Design und Kommunikation zu halten, denn ein Online-Marktplatz ist ständig in Bewegung."
Geschäftsführer Stefan Žvokelj

Gibt es Sachen, die du besonders gerne machst?

Ja, ich zeichne nach wie vor sehr gerne und setze mich seit vielen Jahren mit Comics und Graphic Novells auseinander. Zweimal im Jahr besuche ich diesbezüglich Events in Luzern und Bologna.

Welches sind deine Wünsche für die Zukunft, welches deine Ziele?

Nun, ich wünsche mir wieder mehr Verbindlichkeit in der Gesellschaft, im Privaten, aber vor allem im Beruflichen, denn ohne das Bewusstsein für eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe und der Wertschätzung qualitativ, hochwertiger Arbeit wird es für KMU´s schwer werden zu überleben. Und was meine persönlichen Ziele angeht, so gibt es noch einige Ideen die ich in die Tat umsetzen möchte, ob im bildnerischen Bereich oder vielleicht eine Kleinmöbelserie und wer weiß, all das „remote“ von Griechenland aus.
zum vorherigen Artikel
Natürliches Antibiotikum selbst herstellen
zum nächsten Artikel
Baden in Pflanzen